Fluide Körper

Im Sommersemester 2022 fand im Co-Creation Raum der Alten Universität Freiburg eine Veranstaltungstrias zum Thema Fluide Körper mit Begleitseminar Sensing Gender⎪Sensing More-than-Human statt.
Höhepunkt dieser Trias stellte ein Tag der Offenen Tür am 8. Juni 2022 – dem Welttag der Ozeane – dar. Daran anschließend fand vom 9.–10. Juni 2022 ein Symposium zum Thema Global denken, lokal handeln – aber wie? statt.


Programm 

09.05.2022
16.00-18.00 

Fluide Körper – Einführung in die öffentliche Veranstaltungstrias

Marion Mangelsdorf

Sind unsere Körper erstarrt durch idealisierte Körperbilder – durch Normierungen und Rollenzuweisungen – sowie verfangen im WorldWideWeb? Wo fängt ein Körper an, wo hört er auf? Diese Veranstaltungstrias befasst sich mit diesen Fragen mittels künstlerischer, medialer und wissenschaftlicher Auseinandersetzungen. Dabei geht es u.a. darum, die Fluidität unserer Körper durch so genannte posthumanistische Ansätze zu erforschen wie sie bspw. Astrida Neimanis in Bodies of Water (2017) beschreibt: Evolutionär entstammen wir dem Wasser und bestehen zu 60-80% aus Wasser, wenn wir schwitzen oder einander küssen treten wir über unsere Körperflüssigkeiten mit der Umwelt in Verbindung. Ohne die Aufnahme von Flüssigkeit sterben wir. Wie verändert sich unsere Selbst- und Fremdwahrnehmung, wenn wir uns unserer wässrig-fluiden Körperlichkeit und unserer Verbindung zu einer mehr-als-nur-menschlichen Innen- und Außenwelt bewusst(er) werden?

Im Kunstkatalog Cluster beschreibt die Philosophin und Geschlechterforscherin Judith Butler ihre Eindrücke zum Tanzstück Körper/Body von Sasha Walz:

We speak, and we sit, and so we immoblize ourselves to some degree in order to speak. […] So what is this speaking and is it, too, a movement of body? And is speaking together a way of moving together? […] When we speak (…), we subordinate the movement to speaking, because the assumption is that we have to offer, what meanings there are to communicate, will come through the words. The body is stilled. It is seated. […] So in this case, speaking is the movement of the body which acts as if it is no movement.

Judith Butler, in: Cluster 2007, 70

In akademischen Kontexten bewegen wir uns gemeinhin sitzend im Gespräch aufeinander zu oder voneinander weg, eruieren in Diskussionen geistige Nähe oder Ferne. Was geschieht dabei mit unseren Körpern? Welche Ein- und Ausschlüsse lassen sich dabei beobachten? Wie können wir „Grenzereignisse“ – wie es die Filmemacherin, Schriftstellerin und Gendertheoretikerin Trinh T. Minh-ha bezeichnet – ermöglichen und ein „speaking nearby, not about“, um bestehende Ausschlüsse im akademischen Kontext kritisch zu befragen?


10.05.2022
10.00-16.00 

SENSING THE OCEAN – Das Meer als soziales Feld erleben 

Mirjam Leuze & Antje Schwarze

Der Ozean ist majestätisch, weil er größer ist als wir, weil er uns stiller werden lässt, weil wir aus ihm stammen, weil unsere Körper aus Ozean bestehen.
                                                        Bayo Akomolafe

Die beiden Ethnologinnen Mirjam Leuze und Antje Schwarze laden mit einer Kombination aus Film und Social Presencing Theater zu einer besonderen Form der Begegnung mit dem Ozean ein. Dafür nutzen sie den Dokumentarfilm The Whale and The Raven als Eintrittstor in ein maritimes Ökosystem an der Westküste Kanadas. Im Anschluss an den Film werden sie mit der Methode des Social Presencing Theaters mit den Teilnehmenden in das soziale Feld des Meeres hineinspüren. Der Film wird unter dem Eindruck der Körperwahrnehmung in einem generativen Dialog gemeinsam reflektiert. Im Sinne einer posthumanistischen Wahrnehmungspraxis wird der menschliche Wahrnehmungsradius auf die „More-Than-Human World“ ausgeweitet.

Antje Schwarze, Ethnologin M.A.
Prozessbegleiterin, Organisationsentwicklerin und systemische Coachin für Teams und Organisationen im gesellschaftlichen Wandel. Facilitator and Advanced Practioner in Social Presencing Theater.

Mirjam Leuze, Ethnologin M.A.
Autorin, Regisseurin, Kamerafrau. Facilitator für partizipative und ko-kreative Filmprojekte und Visual Storytelling. Kino-Dokumentarfilme: „Flowers of Freedom“, „The Whale and The Raven“.


08.–10.06.2022

Tag der Offenen Tür zum Welttag der Ozeane mit anschließendem
Symposium Global denken, lokal handeln – aber wie?

u.a. mit Daniel Bichsel (Freitaucher, Dokumentarfilmer & Begründer von „Unterwasserwelten“), Christian Billian (Komponist), Hannes Jaenicke (Schauspieler, Buchautor & Umweltaktivist), Pilar Buira Ferre (Choreografin), Anke Herold (Geschäftsführerin des Öko-Instituts Freiburg), Uli Kunz (Meeresbiologe, Forschungstaucher & Fotograf), Andrea Mühlebach (Prof. für Maritime Anthropologie), Heike Vester (Verhaltensforschern & Begründerin von Ocean Sounds)

Freiburg liegt nicht am Meer und dennoch: Die Dreisam fließt am Kaiserstuhl in die Elz, die als Nebenfluss des Rheins das Dreiländereck Deutschland, Frankreich und die Schweiz mit Holland und der Nordsee verbindet, die wiederum ein Randmeer des Atlantischen Ozeans bildet. Der Welttag der Ozeane erinnert uns daran, dass wir durch Gewässer immer mit dem Meer und dadurch weltweit miteinander in Verbindung stehen. Umweltpolitische Themen rund um den NaturKulturRaum Meer werden somit zunehmend brisanter. Es sind Themen, die uns auffordern, global zu denken und lokal zu handeln – aber wie?

Weitere Informationen siehe Programmvorschau zum Welttag der Ozeane und zum Symposium Global denken, lokal handeln – aber wie?



Die Veranstaltungstrias wird organisiert vom Zentrum für Anthropologie und Genfer Studies (ZAG) der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg. Sie ist Part einer Seminar-Triologie Fluide Welten, die vom Sommersemester 2021 bis zum Sommersemester 2022 stattfindet. Projektarbeiten, die im Rahmen dieser Seminare entstanden sind, werden am Tag der Offenen Tür zum Welttag der Ozeane von Studierenden des Masterstudiengangs Interdisziplinäre Anthropologie, Gender Studies, Kulturanthropologie und Liberal Arts and Sciences (LAS) vorgestellt. Außerdem wird gemeinsam mit den Studierenden sowie der Choreografin Pilar Buira Ferre und ihrem Tanzensemble vis à vie ein performativer Sinnesparcours entwickelt.


Beitragsfoto: © The Whale and the Raven – Busse Film